Biofeedback und Neurofeedback in der Ergotherapie

„Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jedes Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken. Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu ermöglichen.“
Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V. 08/2007

So umfangreich wie die Einsatzbereich der Ergotherapie sind sind auch die Anknüpfungspunkte zur Biofeedbacktherapie. Auf dieser Seite möchten wir Sie über einige dieser Verknüpfungen informieren. Durch die Vielfältigkeit der Biofeedbackbehandlung kann so eine Liste natürlich kaum erschöpfend sein. Sollten Sie also genauere Infos zu bestimmten Indikationen wünschen, können Sie sich gerne bei uns melden!

Anwendungsgebiete von Biofeedback in der Ergotherapie

ADHS und Konzentrationsstörungen

Eine herabgesetzte Aufmerksamkeitsspanne, erhöhte motorische Aktivität und spezifische Lernstörungen beeinträchtigen Kinder mit ADHS spätestens im Schulalter.

Das EEG-Training (auch Neurofeedback genannt) bei ADHS Probanden hat, als zum Ziel den Energieinhalt des Spontan EEG´s im Bereich des Beta-Bandes zu erhöhen (was stellvertretend für eine erhöhte Aufmerksamkeit steht) und im Theta-Band zu vermindern. Über die Verwendung kindgerechter Feedbacks (Geschichten) kann die Motivation zur Training bei den jungen ADHS Klienten geweckt und aufrecht erhalten werden.
Die Evidenz zu Neurofeedback ist mittlerweile so groß, dass die Indikation im 2016 erschienenen Review „Evidence-based practice in Biofeedback and Neurofeedback“ mit der Studie 5 (höchste Stufe) „Wirksam und spezifisch bezeichnet wurde.

Wohl unter Anderem aus diesem Grund kann nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes der Krankenkassen, die Neurofeedback-Technik bei Vorliegen einer entsprechenden medizinischen Indikation im Rahmen der zur Verfügung stehenden ergotherapeutischen Heilmittel vom Ergotherapeuten eingesetzt werden.

Depression

Bei der Behandlung von Depression mithilfe von klassischem Biofeedback hat sich das Training der Herzratenvariabilität als vielversprechend gezeigt. Bei die Modalität trainieren Klienten ihren Herzschlag und die Atmung in Einklang zu bringen.

Rehabilitation

Eine besondere Rolle kann Biofeedback in der Rehabilitation (z.B nach Schlaganfällen) einnehmen. Hier ist die Phase der Wiederherstellung/des Trainings von Muskelaktivität oft mühsam und geht nur in kleinen Schritten voran. Diese Schritte sind sogar manchmal so klein, dass man einen Fortschritt vielleicht gar nicht mitbekommt. Das beeinträchtigt die Motivation.

Dadurch, dass EMG-Biofeedback aber selbst kleinste Veränderungen der Muskelaktivität misst und anzeigt, kann dem Probanden hier anschaulich vor Augen geführt werden, dass der eingeschlagene Weg funktioniert und, dass man einfach „dranbleiben“ muss.

Chronische Schmerzen

Auch chronische Schmerzen gehören zum Spektrum vieler Ergotherapeuten. Hier kann Biofeedback dazu dienen den Teufelskreis aus Schmerz-Spannung-Stress-mehr Spannung-mehr Stress-mehr Schmerz zu durchbrechen. Durch gezieltes Senken von Muskelaktivität können Probanden erlernen dem Schmerz aktiv entgegenzutreten.

Dies verbessert auch die (bei chronischen Erkrankungen oft verminderte) Selbstwirksamkeit der Probanden.

Epilepsie

Eine Studie von Nagai et al. (2004) hat gezeigt, dass durch ein Biofeedback-Training des Hautleitwertes therapieresistente Epilepsie gelindert werden konnte. Beginnenden Anfällen kann entgegengewirkt werden, indem der emotionale und vegetative Aktivitätsgrad bewusst gesteigert wird.

Es wird vermutet, dass die willentliche sympathische Aktivierung hier die Amplitude langsamer kortikaler Potenziale verringert, welche an anormalen kortikalen Aktivität beteiligt zu sein, die man bei Epilepsien beobachtet.

Einsicht in körperliche Prozesse

Vielen Probanden fehlt fast jegliche Fähigkeit zur Interozeption, man könnte (unwissenschaftlich) sagen, dass Sie den Zugang zu Ihren eigenen Empfindungen und Körperwahrnehmungsprozessen verloren haben. Durch die Darstellung dieser körperlichen Prozesse kann dieser Einblick wieder geöffnet werden und eventuell auch eine kognitive Umbewertung von Körperempfindungen stattfinden. Vielen Probanden wird mittels Biofeedback auch zum ersten Mal der Zusammenhang, welchen wir als bio-psycho-soziales Krankheitsmodell kennen bewusst.

Fazit

Biofeedback bietet vielfältige Anknüpfungspunkte um die Ergotherapie zu unterstützen und um Ihr Spektrum zu erweitern. Ein immenser Vorteil der Methode ist, die Möglichkeit den Klienten Veränderungen direkt vor Augen zu führen. Dies erleichtert das Verständnis für diese Prozesse und motiviert einen bereits erfolgreichen Weg weiterzugehen.
Biofeedback ist auch eine Behandlungsmethode, die bei Probanden hohe Akzeptanz findet. Bei einer Erhebung in einer psychosomatischen Klinik gaben fast 90% der Probanden an, speziell durch die Biofeedbackbehandlung sehr guten oder guten Behandlungserfolg erreicht zu haben (Rief & Birbaumer, 2010).

 

Quellen und Literatur:

  • G. Tan, F. Shaffer, R. Lyle, & I. Teo (Eds.). Evidence-based practice in biofeedback and neurofeedback (3rd ed.). Wheat Ridge, CO: Association for Applied Psychophysiology and Biofeedback.
  • Nagai, Y., Goldstein, L. H., Fenwick, P. B., & Trimble, M. R. (2004). Clinical efficacy of galvanic skin response biofeedback training in reducing seizures in adult epilepsy: a preliminary randomized controlled study. Epilepsy & Behavior, 5(2), 216-223.